Linked Ogham Stones – Semantische Modellierung und prototypische Analyse irischer Ogham-Inschriften

poster / demo / art installation
Authorship
  1. 1. Timo Homburg

    Fachhochschule Mainz (Mainz University of Applied Sciences)

  2. 2. Florian Thiery

    Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften (mainzed)

Work text
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Einleitung
Die Ogham-Schrift ist eine in Irland und im westlichen Teil Britanniens (Wales und Schottland) vokommende antike Sammlung von Zeichen, die überwiegend auf (Grab-)steinen zur Dokumentation von Namen der Verstorbenen, ihrer Verwandtschafsbeziehungen oder auch für kleinere Geschichten verwendet wurde. Dabei stellt die Ogham-Systematik kein eigenständiges Alphabet, sondern eine Codierung in z.B. lateinische Alphabete dar.

Der Ogham-Zeichensatz besteht aus 26 Buchstaben. Wörter bzw. Sätze sind jeweils von unten nach oben bzw. links nach rechts zu lesen. Die Zeichen
werden neben einem zentralen Mittelstrich durch nach links (Aicme
Beithe,
ᚁᚂᚃᚄᚅ) bzw. rechts (Aicme hÚatha,
ᚆᚇᚈᚉᚊ) abgehende
rechtwinklige Striche charakterisiert. Durch schräge oder waagerechte
Striche (oft auch Punkte), die den Mittelstrich durchkreuzen, werden
Aicme Muine (
ᚋᚌᚍᚎᚏ) und Aicme Ailme (
ᚐᚑᚒᚓᚔ) dargestellt. Darüber
hinaus gibt es sechs ergänzende Forfeda Zeichen (
ᚕ ᚖᚗ ᚘᚙᚚ), welche im
Mittelalter durch Lautveränderungen und Anpassungen an die lateinische
Sprache hinzugefügt wurden. Das Ogham-Alphabet ist im Unicode
Standard
(Range: 1680–169F) enthalten und gewährleistet so die Digitalisierbarkeit der Schrift. Eine der größten öffentlich zugänglichen Sammlungen von Ogham-Steinen befindet sich im Stone Corridor des University College Cork (UCC).

Abbildung 1: Ogham Stone 4 im UCC Stone Corridor (Florian Thiery, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:UCC_Stone_4.jpg)

Stand der Forschung

Die Ogham-Schrift wurde in der Vergangenheit von verschiedenen
Wissenschaftlern erforscht. Nach der Entdeckung der Ogham-Schrift
(Ferguson 1864) und der anschließenden Erstellung des Ogham-Alphabets
(Graves et. al. 1878) datierte MacNeill (1929) einige der
Ogham-Inschriften. Das wohl kompletteste Standardwerk findet sich in
Macálister (1945, 1949). Dieser hat darin das weitverbreitete
Nummerierungsschema CIIC etabliert. Neben weiteren Forschungen der
Geschichtswissenschaft zum Inhalt der Ogham-Inschriften erstellte
Forsyth (1997) ein erstes Korpus von 37 Inschriften. Das Ogham 3D Projekt
scannt derzeit (155 Ogham Steine verfügbar) irische Ogham-Steine und stellt diese als Epidoc zur Verfügung.

Die auf den Steinen transkribierten Inschriften können in `formula words` (FW) und `nomenclature words` (NW) unterschieden werden. Beispiele für FW
sind MAQI
ᚋᚐᚊᚔ (engl. son, z.B. CIIC 203) MUCOI
ᚋᚒᚉᚑᚔ (engl. tribe/sept, z.B. CIIC 197), ANM
ᚐᚅᚋ (engl. name, z.B. CIIC 206), AVI
ᚐᚃᚔ (engl. descendant, z.B. CIIC 40), CELI
ᚉᚓᚂᚔ (engl. follower/devotee, z.B. CIIC 215) und
KOI
ᚕᚑᚔ (engl. here is, z.B. CIIC 48).

Die Nomenklatur der irischen Personennamen enthüllt Details der frühgälischen Gesellschaft. Beispiele für solche NW
sind CUNA
ᚉᚒᚅᚐ (engl. wolf/hound, z.B. CIIC 154) oder
CATTU
ᚉᚐᚈᚈᚒ (engl. battle, z.B. CIIC 58). Andere Namen
weisen auf einen göttlichen Vorfahren hin. Der Gott Lugh (LUC
ᚂᚒᚌ) oder das Wort ERC
ᚓᚏᚉ (engl. heaven/cow) kommt in vielen Namen wie
LUGADDON
ᚂᚒᚌᚌᚐᚇᚑᚅ (vgl. CIIC 4) oder ERCAVICCAS
ᚓᚏᚉᚐᚃᚔᚉᚉᚐᚄ (vgl. CIIC 196) vor. Elemente, die
physikalische Eigenschaften beschreiben, sind ebenfalls üblich. Zum
Beispiel DALAGNI
ᚇᚐᚂᚐᚌᚅᚔ (engl. one who is blind, CIIC 119) oder
DERCMASOC
ᚇᚓᚏᚉᚋᚐᚄᚑᚉ (engl. one with an elegant eye, CIIC 46).

Ansatz

Wir stellen die Ogham-Steine, deren Inhalte, die Beziehungen der auf Steinen vermerkten Personen, ihre Stammeszugehörigkeiten und weitere Metadaten als Linked Data bereit und ermöglichen somit
deren Verarbeitung durch eine Reihe von
Wissenschafts-Communities. Durch die Verwendung von Vokabularen wie
Wikidata (Vrandečić et. al. 2014), FOAF (Brickley 2007) und Lemon
(McCrae 2012) gewährleisten wir die Erstellung eines semantischen
Wörterbuchs für Ogham, welches wir dynamisch aus Textquellen
mittels Natural Language Processing Verfahren der Keyword Extraktion
extrahieren.
Die für uns relevanten Keywords haben wir aus der Literatur gesammelt und in unserem Repository veröffentlicht.
Die Erfassung der Ogham-Steine als Linked Data Ressourcen erlaubt es, durch Verknüpfung von Wissen und dessen Anreicherung folgende Forschungsfragen anzugehen:

Klassifikation von Steinen (Familienhierarchie, Namensbeschreibung etc.)
Visualisierung von Zusammenhängen (Verwandtschaftsbeziehungen, Stammesgrenzen) aus Linked Data generierten Karten
Formale Erfassung und maschinenlesbare Kodierung von Ogham-Zeichen nach dem Vorbild von PaleoCodage (Homburg 2019)

Als Datenbasis für die Analysen stützen wir uns auf eine
Wikidata-Retrodigitalisierung des CIIC Corpus von Macálister (1945, 1949), Epidoc-Daten des Ogham in 3D Projekts, sowie auf die Celtic Inscribed Stones Project (CISP) Datenbank, die uns dankenswerterweise von Dr. Kris Lockyear zur Verfügung gestellt wurde. Des Weiteren pflegen wir aktiv fehlende und passende Elemente in Wikidata ein, um so später die Daten der Research Community im Sinne des SPARQL Unicorn (Thiery and Trognitz 2019a, 2019b) bereitzustellen. Der Sourcecode unserer App steht quelloffen auf GitHub zur Verfügung (Homburg & Thiery 2019).

Ergebnis

Erste Extraktionsergebnisse zeigen zunächst die Clusterung der
irischen CIIC Oghamsteine (323 Steine) in Abbildung 2. In den
Abbildungen 3-5 ist ersichtlich, dass sich Inschriften zu FW und NW
räumlich unterscheiden (z.B. Abbildungen 3 und 4 zu MAQI und CUNA).
Für das CISP Datenset (2504), für das wir aktuell noch keine
Geokoordinaten besitzen, sind in Tabelle 1 die erste
Analyseergebnisse aufgeführt. Sie zeigen eine ähnliche Verteilung der
Keywords wie im CIIC Datenset. Das Poster stellt diese und weitere
Ergebnisse unserer ersten räumlichen Analysen dar. Weitere Daten
können unserem Webviewer entnommen werden.

Tabelle 1: Klassifikation der Steine aus CISP

Keyword
Vorkommen im CISP Dataset

MAQI (son)
710 (28%)

AVI (grandson)
72 (3%)

CELI (fellow)
7 (0,2%)

CUNA (dog)
174 (7%)

CATTU (cattle)
94 (4%)

NIOTA (nephew)
20 (0,8%)

BRAN (raven)
34 (1,3%)

BROCI (badger)
2 (0,08%)

ERC (cow)
38 (1,5%)

IVA (tree)
18 (0,8%)

VIR (man of battle)
38 (1,5%)

LUG (god)
73 (3%)

Abbildung 2: Cluster von Oghamsteinen in Irland nach Fundorten

Abbildung 3: Oghamsteine mit Verwandschaftsbeziehungen

Abbildung 4: Oghamsteine mit Referenzen zu Tieren oder der Natur

Abbildung 5: Oghamsteine mit Referenzen zu Menschen und Schlachten

Future Work

In Zukunft wird die Datenbasis mit erneuerten Daten des Ogham 3D Projektes und weiteren Quellen angereichert, sowie die Bereitstellung von
Ogham-Daten in Wikidata forciert. Hierbei wird uns Sophie Charlotte Schmidt weiterhin in unserem Ogi-Ogham Projekt unterstützen.
Mit einem größeren Korpus werden die Analysen noch bessere Ergebnisse hervorbringen. Zudem ist eine Erweiterung der OliA Ontologien (Chiarcos and Sukhareva 2015) für Ogham angedacht, sowie die Publikation der Daten als Linked Data in Web.

Ein Zwischenstand hier: https://ogham.link

Bibliographie

Brickley, Dan/ Libby, Miller (2007): "FOAF vocabulary specification 0.91.".

Chiarcos, Christian / Sukhareva, Maria (2015): Olia–ontologies of linguistic annotation."
in: Semantic Web 6, no. 4: 379-386.

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Graves, Charles / Limerick, C. (1876): "The ogham alphabet."
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Homburg, T. (2019):
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DH2019 Book Of Abstracts - Short Papers.

Homburg, Timo/ Thiery Florian (2019): “OGI Ogham oghamextractor”.
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Macalister, R. A. S. (1945):
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McCrae, John / Montial-Ponsoda, Elena /
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Thiery, Florian / Trognitz, Martina (2019a): “SPARQL Unicorn Github Repository”, .

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(2014): "Wikidata: a free collaborative knowledge base." .

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Conference Info

Incomplete

DHd - 2020
"Digital Humanities zwischen Modellierung und Interpretation"

Hosted at Universität Paderborn

Paderborn, Germany

March 2, 2020 - March 6, 2020

130 works by 319 authors indexed

Conference website: https://zenodo.org/record/3666690

Contributors: Patrick Helling, Harald Lordick, R. Borges, & Scott Weingart.

Series: DHd (7)

Organizers: DHd